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Kondensat-Rückstände
Wie mögen Sie es gerne – flauschig, bissfest oder flüssig?

Kondensat-Rückstände sind weit aus mehr als nur eine Verunreinigung in der Lötmaschine. Spuren davon verbleiben auf der Leiterplatte und können ihre Lebensdauer negativ beeinflussen in dem sie z. B. eine Oberflächenkorrosion begünstigen. Flüchtige reaktionsfähige Bestandteile aus dem Lötstopplack, Leiterplattensubstrat und Lotpaste wiederrum verbleiben als Reaktionsprodukte in der Lötanlage und offenbaren neben den Verarbeitungsbedingungen beim Löten auch ob z. B. Verschmutzungen oder zu hohe Luftfeuchtigkeit bei der Leiterplattenplattenfertigung die Vernetzung von Lötstopplack oder PCB Substrat gestört haben. Aber auch die Information um welche Lotpaste es sich bei der Verarbeitung gehandelt hat, lässt sich dem Kondensat entnehmen. Schauen wir uns zunächst drei Kondensatrückstände aus einem Reflow-Prozess an, die unterschiedlicher hätten nicht sein können.
Kristalline Kondensat-Rückstände

# 1 ist ein Rückstand, der kristalline Strukturen bildet. Seine Ursache sind meist organische Säuren und andere Bestandteile aus dem Lötstopplack, PCB Substrat und Lotpaste, deren ursprüngliche Form kristalline Strukturen aufweist. Dieser Rückstand wächst sehr gerne in Bereichen der Lötanlagen mit wenig Strömung, wo die nadelförmigen bis flauschigen Strukturen sich in aller Ruhe formen und wachsen können. Besonders ärgerlich ist es, wenn sie in den Leitungen wachsen, wo sie schwer zu entfernen sind.
Polymerisierte und vernetzte Kondensat-Rückstände

# 2 ist ein polymerisierter und vernetzter Kondensat-Rückstand. An seiner Bildung sind maßgebend niedermolekulare Ketten aus dem Leiterplattensubstrat, dem Kolophonium der Lotpaste sowie nicht vernetzte Acrylat-Verbindungen aus dem Lötstopplack verantwortlich. Diese reagieren miteinander und bilden Polymerketten, die untereinander vernetzen. Das bringt zahlreiche Serviceingenieure weltweit zum Verzweifeln, denn die polymerisierten Rückstände sind umso schwerer zu entfernen, je länger die unter dem Temperatureinfluss vernetzen können. Außerdem lösen sie, wie alle Kondensat-Rückstände, allergische Reaktionen auf der Haut aus, was die Angelegenheit nicht besser macht.
Flüssige Kondensat-Rückstände

# 3 ist eine flüssige Kondensat-Form, mit wenigen Kristallen drin, ohne Vernetzungsreaktionen. Dieser Rückstand lässt sich am einfachsten entfernen, obgleich auch er allergische Reaktionen auslöst.
Werfen wir einen Blick auf das molekulare Spektrum der Rückstände und weil abstrakte Kurven nutzlos sind, sehen wir uns an welche Informationen wir daraus entnehmen können.

Alle 3 Rückstände zeigen sowohl optisch als auch molekular deutliche Unterschiede auf. Und dennoch haben sie Gemeinsamkeiten. Allen gemeinsam ist das verwendete Kolophonium basierte Flussmittel aus der Lotpaste, welches sich hier wiederfindet.

Der kristalline Kondensat-Rückstand weist dabei am wenigsten Kolophonium auf, dafür eine starke Übereinstimmung mit einer Substanz aus dem Lötstopplack, die in ihrer puren Form ebenfalls kristallin ist. Und weil es sich hier um eine Substanz handelt, die eigentlich zerfallen und eine Reaktion initiieren sollte, ist es zeitgleich ein Warnhinweis, dass im Herstellungsprozess der PCB nicht alles glatt lief.
Der polymerisierte und vernetzte Rückstand weist neben dem Kolophonium eine breite Bande aus der PCB entwichenen Epoxide sowie Acrylverbindungen aus dem Lötstopplack. Diese polymerisieren munter im Reflowofen, setzen sich ab, wenn die Kettenlängen zu groß sind und vernetzen schließlich, was den Reinigungsprozess in meist noch heißen Anlagen zur Hölle macht. Ein starkes Netztwerk hat eben auch seine Schattenseiten.

Das flüssige Kondensat beinhaltet eine molekulare Signatur des Natronkalks, was gleichzeitig der Hinweis dafür sein könnte, dass hier damit eine Vernetzung unterbunden wurde. Unter dem Mikroskop zeigt sich jedoch, dass kristalline Gebilde davon recht unbeeindruckt bleiben und munter weiter wachsen, da hier keine Vernetzungsreaktionen stattfinden.

Es lassen sich also einige Informationen zu Abweichungen im Herstellungsprozess, verwendeten Materialien wie z. B. der Lotpaste und sogar Präventivmethoden zur Verminderung der Vernetzungsreaktionen aus dem Kondensat Rückstand entnehmen. Manche Spuren sind offensichtlich und leicht zu identifizieren, manche erfordern eine richtige Detektivarbeit. Und keine noch so prall mit Molekularen Spektren gefüllte Datenbank dieser Welt ersetzt das menschliche Auge, Sacherstand und eine fundierte Recherchearbeit.